Diese Zusammenfassung wurde aus dem Originalbericht von Maître Boittelle-Coussau
(Paris) erarbeitet. Die Zusammenfassung enthält keine eigene Beurteilung der
Verhältnisse. Maßgeblich ist der Originalbericht.
I. Sicherungsrechte
In Frankreich existieren unterschiedliche Sicherungsrechte. Es handelt sich um:
1. Spezielle Privilegien
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Privileg der Bauunternehmer und
Architekten, Art. 2103-4° Code Civil |
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Privileg derjenigen die die
Bauunternehmer und Architekten bezahlen, Art. 2103-5° Code Civil |
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Privileg des Grundstücksverkäufers |
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Privileg des Kreditgebers |
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Privileg des WEG-Verwalters |
Bei dem Privileg handelt sich primär um kein echtes Sicherungsrecht, sondern um
einen speziellen Forderungscharakter, der sich in einer Hypothek konkretisieren
kann.
2. Vertragliche Hypothek
Die vertragliche Hypothek hat vier Charaktermerkmale. Es handelt sich um ein
dingliches Recht, das akzessorisch, unteilbar und speziell ist.
3. Gesetzliche Hypothek
Die gesetzliche Hypothek entsteht aufgrund gesetzlicher Anordnung. Es gibt eine
Vielzahl gesetzlicher Hypotheken, insbesondere solche, von denen der Staat
profitiert.
4. Gerichtliche Hypothek (Vollstreckungshypothek)
Es handelt sich um eine Sicherungshypothek, die ohne Vollstreckungstitel im
engeren Sinne zur Eintragung kommt und durch einen nachfolgenden Haupttitel
bestätigt werden muß.
5. Pfandrecht (antichrèse)
Es handelt sich um ein besitzabhängiges Pfandrecht an der Immobilie. Es wird
eingesetzt, wie die Zwangsverwaltung in Deutschland, d.h. der Gläubiger kann die
Mieterträge beanspruchen, um hieraus eine Forderung zu befriedigen.
II. Die belastbaren Rechte
Die Grundstückssicherheit kann auf einem Grundstück, auf einem Nießbrauch, wie
auch auf dem verbleibenden Stammrecht (nue propriété) lasten. Sie kann nicht auf
einem Wohnungsrecht oder einer Dienstbarkeit lasten. Unbelastbar ist prinzipiell
auch ein Miteigentumsanteil (mitoyenneté).
III. Publizität
Eintragungspflichtig sind alle Arten von Hypotheken, die Privilegien und das
Pfandrecht (antichrèse).
Das Datum der Eintragung entscheidet über den Rang des Rechts. Einige Rechte,
die ausserhalb des Grundbuchs entstehen, sind fristgebunden einzutragen, wie
z.B. die gesetzliche Hypothek der Ehegatten. Wird die Frist nicht beachtet,
verlieren sie den Rang, den sie ausserhalb des Grundbuches erlangt haben. Ein
Privileg, das im Ergebnis als Hypothek einzutragen ist, verliert seinen Rang,
den es ausserhalb des Grundbuches mit der Entstehung der besicherten Forderung
erlangt, wenn es nicht innerhalb von zwei Monaten ab Entstehung der
zugrundeliegenden Forderung eingetragen wird.
Die Eintragung wird bei vertraglichen Hypotheken von dem amtierenden Notar
bewirkt. Die Eintragung von provisorischen Sicherungshypotheken erfolgt auf
Antrag des Gläubigers. Liegt der Forderung bereits ein Titel zugrunde, bedarf es
keiner weiteren gerichtlichen Autorisierung. Das Gesetz vom 9. Juli 1991
gestattet darüber hinaus die Eintragung von Sicherungshypotheken aus
Mietverträgen, Wechseln und Schecks ohne gerichtliche Autorisierung. Aus der
provisorischen Sicherungshypothek wird eine endgültige mit dem Rang der
provisorischen Hypothek, sobald die Forderung im Hauptsacheverfahren
rechtskräftig tituliert ist.
Die Eintragung erfolgt durch eine Einreichung des Antrages samt Titels (Vertrag,
Urteil etc.) bei dem Hypothekenregister. Der Antrag ist zweifach einzureichen.
Ein Antrag verbleibt bei Gericht, der zweite wird nach Bearbeitung an den
Gläubiger ausgehändigt. Der Forderungsbetrag ist zu beziffern, das zu belastende
Grundstück ist exakt zu bezeichnen. Ist der Betrag unbestimmt, muß der
Höchstbetrag angegeben werden. Nebenleistungen (Registrierungskosten,
Verfolgungskosten etc.) werden üblicherweise mit bis zu 10 % des Kapitals
eingetragen.
Der Eintragungsantrag muß enthalten:
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Bezeichnung des Gläubigers und des
Schuldners sowie des Eigentümers, wenn Schuldner und Eigentümer nicht identisch
sind. |
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Domizil des Gläubigers in Frankreich |
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Angabe des Rechtstitels aus dem die
Sicherheit hervorgeht sowie des Rechtsgrundes der zugrundeliegenden Forderung |
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Angabe der Forderungshöhe und der
Nebenforderungen |
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Bezeichnung des Belastungsobjekts |
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Angabe des Tages, an dem das
Eigentum an dem Grundstück auf den Eigentümer eingetragen wurde |
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Bestätigung, daß der Betrag der zu
besichernden Forderung nicht höher ist als der Betrag, der in dem
rechtsbegründenden Akt ausgewiesen ist |
Der Antrag wird zurückgewiesen, wenn
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der der Sicherheit zugrundeliegende
Rechtsakt nicht vorgelegt wird |
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eine der Formalitäten nicht
eingehalten wurde |
IV. Wiedereintragung bzw.
Erneuerung von Hypotheken
Französische Hypotheken unterliegen einer Ablauffrist. Um den Verlust des
erlangten Ranges der Sicherheit zu vermeiden, muß die Hypothek vor Ablauf der
Frist erneuert werden (Art. 2154-1 al. 3 Code Civil). Die Fristen variieren
zwischen zwei bis 35 Jahren.
Wichtig ist die Frage, wer die Erneuerung vornimmt bzw. überwacht. Gelegentlich
wird geäussert, daß derjenige, der über den zugrundeliegenden Rechtstitel
verfügt, dafür verantwortlich ist. Allerdings soll nur derjenige dafür
verantwortlich sein, der über einen entsprechenden Auftrag des Gläubigers
verfügt. Die Aushändigung des Titels an eine Person läßt u.U. vermuten, daß der
Auftrag besteht. Der Notar, der eine Eintragung bewirkt, ist für die
Renouvellierung nur verantwortlich, wenn er dafür einen speziellen Auftrag
erhält. Dieser kann auch stillschweigend erteilt werden.
V. Erlöschen der Sicherheit
Die Sicherheit erlischt durch Zeitablauf, durch Vereinbarung oder durch Urteil.
1. Durch Zeitablauf erlischt die Hypothek binnen zwei Jahren ab Fälligkeit der
zugrundeliegenden Forderung. Maximal kann eine Hypothek 35 Jahre Bestand haben.
Forderungen mit unbestimmter Laufzeit bringen die Hypothek nach 10 Jahren zum
Erlöschen. Die Sicherungshypotheken erlöschen nach drei Jahren.
2. Die Parteien können sich jederzeit über die Löschung der Hypothek einigen (Mainlevèe).
Die Vereinbarung muß vor dem Notar erfolgen. Eine Löschungsvereinbarung setzt
die Dispositionsbefugnis des Gläubigers über die besicherte Forderung voraus.
Fehlt sie im Falle der Nichtzahlung, ist die Vereinbarung wirkungslos.
3. Art. 2160 Code Civil zählt die Fälle auf, in denen eine Hypothek von Gerichts
wegen zur Löschung kommt.
VI. Bedeutung der Publizität
Die Publizität der Hypothek hat große Bedeutung, soweit sie das Recht begründet,
die Hypothek gegenüber Dritten einzuwenden. Mangels Eintragung zeitigt die
Hypothek gegenüber Dritten keine Wirkung.
VII. Abtretbarkeit
Es existieren zwei Möglichkeiten, Sicherungsrechte abzutreten.
1. Abtretung der zugrundeliegenden Forderung
Die Sicherheit folgt der Forderung. Mit der Zession der Forderung geht die
Sicherheit auf den Dritten über. Die fehlende Eintragung der Hypothek schadet
nicht. In der Kreditwirtschaft wird die Forderung häufig wie ein Wertpapier
ausgestaltet, das vereinfacht abgetreten werden.
2. Abtretung des Sicherungsrechts
Man spricht insoweit von der ”subrogation” und von Rangvereinbarungen. Die
subrogation hat keine große Bedeutung, weil die Akzessorietät der Hypothek
erhalten bleibt. Das Recht kann zwar abgetreten werden, bleibt aber in seiner
Existenz von der Usprungsforderung abhängig. Rangwirkende Vereinbarungen sind
unproblematisch.
VIII. Wirkungen der Sicherheit
1. Droit de suite
Die eingetragene Sicherheit haftet an dem Grundstück unabhängig von den
Eigentumsverhältnissen. Die Sicherheit setzt sich bis in die Zwangsenteignung
hinein fort und wird in eine Beteiligung an der Enteignungsentschädigung
umgewandelt. Ausnahmen gelten bei Grundstücksbestandteilen, die Bestandteil
aufgrund Zweckbestimmung sind. Wird über sie verfügt, fallen sie aus dem
Haftungsverband.
2. Vorzugsweise Befriedigung
Der Gläubiger einer Sicherheit wird gegenüber den unbesicherten Gläubigern
vorzugsweise befriedigt. Vorweg ist das Privileg in bezug auf Justizkosten zu
bedienen.
Der Konflikt unter mehreren Hypothekengläubigern wird über den Rang der Rechte
ausgetragen. Schwierigkeiten treten auf, wenn ein Gläubiger seine Forderung an
mehreren Grundstücken besichert hat. Insoweit bestehen keine klaren Regelungen.
Die Rechtsprechung achtet jedoch darauf, daß der Gläubiger gegenüber den anderen
Gläubigern, zumal dann wenn diese nur einfach besichert sind, keine Vorteile
erlangt. In einigen Entscheidungen wurde vertreten, der Gläubiger könne sich an
jeder Sicherheit anteilig befriedigen.
Im Konkurs sind eine Reihe von besonderen Privilegien beachtlich (z.B.
Superprivileg der Arbeitnehmer, Privileg des Art. 40 Code de la procédure
collective, Gerichtskostenprivileg), die den Hypothekenrechten vorgehen.
IX. Zwangsvollstreckung
Der Sinn einer Sicherheit liegt darin, den Gläubiger vor anderen Gläubigern zu
privilegieren. Für die Verwertung der Sicherheit bedarf er indes eines Titels,
der ihn zur Zwangsvollstreckung in die Immobilie berechtigt. Die
Zwangsvollstreckung in Immobilien ist in den Art. 673 bis 748 Code de procédure
ancien geregelt. Insoweit kann auf das Handbuch Müller/Hök, Deutsche
Vollstreckungstitel im Ausland (erschienen bei Luchterhand) verwiesen werden, wo
die Vollstreckung in Immobilien in Frankreich eingehend dargelegt wird. Hier
soll aus dem Bericht nur kurz auf Wesentliches eingegangen werden:
Die Vollstreckung setzt einen vollstreckbaren Titel voraus. Die Zustellung des
Vollstreckungsbegehrens bewirkt die Beschlagnahme. Es folgt ein Verfahren, in
dem sich alle Beteiligten anwaltlich vertreten lassen müssen. Der Gläubiger legt
die Versteigerungsbedingungen in einem ”cahier des charges” fest, und zwar
einschließlich des Mindestgebotes. Bietet niemand mit, erhält der Betreiber der
Vollstreckung im Termin den Zuschlag.
X. Grenzüberschreitende Garantien
In Frankreich herrscht der Grundsatz vor, daß Sachenrechte nach der lex rei
sitae zu beurteilen sind. Folglich wird das dingliche Sicherungsrecht nach
französischem Recht beurteilt. Dies gilt unabhängig davon, welches Recht auf die
zu besichernde Forderung anzuwenden ist. Die Cour de Cassation hat entschieden,
daß es zulässig ist, Hypothek und besicherte Forderung unterschiedlichen
Rechtsordnungen zu unterwerfen. Frankreich gehört dem Römischen
Schuldvertragsübereinkommen an, so daß im Falle fehlender Rechtswahl an die
engsten Beziehungen des Vertrages anzuknüpfen ist. Das ist grundsätzlich der
Sitz der Bank.
Im Hypothekenrecht gilt die Besonderheit, daß Art. 2128 Code Civil eine
ausserordentliche Kollisionsnorm vorhält, derzufolge Beurkundungen von
Hypotheken nur vor französischen Notaren erfolgen dürfen.
Die situs Regel wird von den französischen Gerichten zugunsten in- und
ausländischer Gläubiger angewendet, um festzustellen, ob ein Antrag auf
Eintragung einer vorläufigen Sicherungshypothek zulässig und begründet ist. Die
französischen Gerichte stellen nach französischem Recht fest, ob die Forderung
”était fondé en son principe” (d.h. ob sie grundsätzlich begründet ist), gleich
ob die Forderung bereits im Ausland rechtshängig ist oder nicht (Cass. Civ.
1ière, 31.01.1984, Bull.Civ.I n° 39; Cass. Civ. 1ière, 06.12.1989, Bull.Civ.I n°
378).